Das Wetter in Mitteleuropa und Österreich wird vom Atlantik her mitbestimmt. Mitteleuropa liegt genau im weltumlaufenden Westwindband, an der Luftmassengrenze zwischen der kalten im Norden und der warmen Luft im Süden. Vom Meer her gelangen feuchte Luftmassen nach Eurasien und bescheren uns ausgeglichenes Klima. Der Atlantik ist dank dem Golfstrom, welcher das ganze Jahr über warme Wassermassen aus den Tropen nach Norden transportiert, mehr oder weniger immer gleich warm. Die Unterschiede zwischen den Sommer- und Wintertemperaturen sind über dem Atlantik nur gering. Trotz der Atlantiknähe kann man dies von Mitteleuropa und Österreich nicht behaupten. Im Sommer ist es deutlich wärmer als im Winter. Wenn die Westwinde wehen, bringen sie im Sommer wie auch im Winter ähnlich warme und feuchte Meeresluft. Im Sommer werden sie als kühl empfunden. Westwindgeprägte Sommer sind die schlechtesten, denn neben den kühlen Temperaturen ist es auch unbeständig und immer wieder nass. Im Winter hingegen werden diese Winde als sehr mild empfunden, denn ohne sie wäre es viel kälter. Doch wie werden sie im Herbst wahrgenommen?
Ein Index für den Westwind
Einen Indikator für die Westwindaktivität gibt uns der Nordatlantische Oszillations Index. (aktueller NAO-Index: page-oszillationen.html) Dieser Index beschreibt die Luftdruckgegensätze zwischen dem Islandtief und dem Atlantikhoch. Bei grossen Gegensätzen wehen starke Westwinde, der Index ist dann hoch. Sind die Gegensätze aber nur gering, wehen keine Westwinde, der Index ist dann tief. Im Winter führen also häufige Westwinde zu warmen Temperaturen, deshalb kann man davon ausgehen, dass wenn der Nordatlantische Oszillations Index hoch ist, auch die Temperaturen für winterliche Verhältnisse mild sind. Man spricht in der Wissenschaft dann von einer positiven Korrelation. Im Sommer ist es genau umgekehrt. Die Sommer sind eher kühl, wenn häufig Westwinde wehen. Wenn also der Nordatlantische Oszillations Index tief ist, sind auch die Sommertemperaturen eher kühl. Hier liegt dann eine leicht negative oder gar keine Korrelation vor. Die Korrelation kann zwischen –1 und 1 liegen. Bei Null liegt keine Korrelation vor. Genau dies ist auf der Grafik ersichtlich: im Winter eine relativ hohe, positive Korrelation, im Sommer praktisch keine Korrelation.
Grosse Veränderung im Herbst
Um herauszufinden, wie die Klimaerwärmung die Wirkung der Westwinde in Mitteleuropa verändert, wurde die oben beschriebene Korrelation in zwei Zeitperioden aufgeteilt. (als Station wurde Zürich gewählt) Die erste Periode dauert vom Messbeginn im Jahre 1865 bis 1947, die zweite Periode seit 1947 bis heute (2005). Das Jahr 1947 wurde als Übergang ausgewählt, weil in dieser Zeit die Treibhausgase und Aerosole in der Atmosphäre ihre volle Wirkung entfalteten. Die Ergebnisse sind erstaunlich. Während es im Sommerhalbjahr kaum Veränderungen gab, sind die Unterschiede im Herbst und Winter enorm. In den Monaten Dezember und Januar hat die Korrelation zugelegt, das heisst, die Westwinde sind wärmer geworden: bei Westwinden resultieren warme Winter. Die grösste Veränderung konnte aber im Herbst verzeichnet werden. Während früher (1865-1947) Westwinde noch zu warmen Herbstmonaten führten (positive Korrelation), liegt heute sogar eine leicht negative Korrelation vor. Was bedeutet, dass heute (1947-2005) ohne Westwinde wärmere Herbstmonate verzeichnet werden, als mit Westwind. Früher kühlte sich der eurasische Kontinent ohne „milde“ Westwinde im Herbst rasch ab, der Winter kam früher. Mit der Klimaerwärmung, also mit dem anthropogenen (vom Menschen verursachten) Treibhauseffekt, hat sich der herbstliche Wärmeverlust verlangsamt. Eurasien kühlt im Herbst also weniger schnell ab, die Westwinde wirken heute folglich im Herbst nicht mehr wärmend sondern wie im Sommer kühlend.*** Gleichzeitig kann seit 1947 auch eine Veränderung im herbstlichen Strömungsmuster Österreichs erkannt werden. In den 80ern und 90ern des 19. Jahrhunderts gab es häufig tiefe Nordatlantische Oszillations Indizes. Der Index verstärkte sich in der Folge bis in die 40er des 20. Jahrhunderts. Doch seit 1947 konnten nie mehr so hohe Indizes beobachtet werden wie zuvor. Das heisst, dass seit 1947 häufiger schwache Nordatlanitsche Oszillations Indizes vorherrschten. Gleichzeitig wurden diese Phasen durch den anthropogenen Treibhauseffekt auch wärmer. Dies wäre eine Erklärung für die starke Temperaturzunahme im Herbst. Der Herbst 2007 war zb. nach dem leicht zu kühlen September und einem durchschnittlichen Oktober recht unspektakulär. Die neue Theorie des Nordatlantischen Oszillations Index stimmt jedoch überein. Während dem kühlen September gab es häufig Westwinde, der Index war also hoch. Anfangs Oktober, als es sehr warm war, gab es tiefe Indizes. Ende Oktober, als es wieder kühler wurde, wechselte der Index wieder hin zu hohen Werten.
Ob sich diese Theorie bestätigt, werden die kommenden Jahre zeigen.
***soll nun aber nicht bedeuten dass es zwanghaft kühler wird, wenn sich der NAO-Index nach unten bewegt. Es handelt sich hier um eine relativ junge Feststellung. In der Regel wird es natürlich wärmer in Mitteleuropa wenn die Westwinde (NAO - Positiv) in Fahrt kommen. Dennoch sollte man zukünftig noch genauer den AO-Index beachten sollte mal der NAO-Index nicht einheitlich nach oben zb. mitziehen. Im Falle einer einheitlichen NEGATIV oder POSITIV Tendenz kann es nur sehr KALT oder sehr WARM werden.
Quelle: http://metheo.ethz.ch (vielen Dank für diese hervorragende Beschreibung) - angepasste Textversion für Österreich. -
Mit besten & lieben Grüßen Obmann Hans-Jürgen Pross