schön, dass ihr so eifrig meldet. Dennoch kleine Bitte: Wenn möglich, etwas detaillierter werden, was Auswirkungen von Starkregen betrifft. Aquaplaning auf den Straßen ist bei jedem kräftigerem Schauer zu erwarten. (Warn-)Relevanter sind aber Überschwemmungen, Muren, vollgelaufene Keller, Erdrutsche, überflutete Verkehrswege etc...
Bei Jetstreaks ist die Ursache das Ungleichgewicht von Coriolis- und Druckgradientkraft im Auszugsbereich, bei Tälern oder Meerengen liegt es an der Veränderung in der Strömungsdicke (potentielle Energie nimmt ab, wegen Energieerhaltung muss kinetische Energie zunehmen).
Das mit der Definition durch die Größe sollte man aber nicht zu wörtlich nehmen: Die Natur kennt keine Größenangaben, eher geht es hier um das Erscheinungsbild, was beide Hydrometeore voneinander unterscheidet:
Graupel ist porös, weiß und springt deutlich wieder auf, wie ein Fußball, der auf eine Wand trifft.
Hagel ist fest, weiß oder klarsichtig je nach Art des Wachstums:
bei 'wet growth' eher durchsichtig mit hohem Flüssigwasseranteil, d.h. bei sehr warmen/feuchten Luftschichten; bei 'dry growth' eher fest, wenn das Wasser rasch verdunstet und die Zwischenräume nicht ausgefüllt werden), und springt weniger stark auf.
In Innsbruck ist es aber kein Düseneffekt, sondern ein sogenannter 'gap flow' (engl. für Lückenströmung)
Der Düseneffekt ist strenggenommen nur in geschlossenen Rohren zu finden, ansonsten ist nämlich die größte Beschleunigung erst nach der Engstelle vorhanden!
Das beobachtet man z.B....
hinterm Brenner (Steinach a. Brenner), hinterm Wipptal (Bergiselschanze, Stadtteil Wilten), hinter Kufstein, wo sich das Inntal öffnet.
Physikalische Erklärung:
Die Strömung wird durch eine plötzliche Verbreiterung des Tals verursacht, z.B. bei der Talmündung in ein größeres Tal bzw. am Rand des Gebirges. Dabei nimmt die Strömungsdicke ab (die Luft hat plötzlich viel mehr Platz, sich zu verteilen) und potentielle Energie wird in kinetische Energie (Bewegung) umgewandelt.
Mehr Infos zu gap flows gibt es in Kapitel 2.5.5 meiner Diplomarbeit (= Seite 25 ff, wenn man das PDF öffnet):
Meine Meinung nach zeigen diese eine Shelf Cloud mit einer recht langen, schmalen, aber unterbrochenen Fractuswolke Die für eine Trichterwolke typisch laminare bzw. konisch zulaufende Form fehlt. Im ORF-Video sieht man nichts rotieren.Wenn man genau hinschaut (Bilder), sieht man auch hinter dem langen Fractus weitere Fractuswolken.
Die Vorderkante der Shelf Cloud deutet mehr auf einen Böenfrontzahn als einen Tornado hin. Dazu gibt es unzählige Beispiele im Netz.
2) Radarbilder
Leider wurde im Bericht hier keine Uhrzeit genannt (oder nachträglich seit gestern hinzugefügt, was ich dann übersehen habe). Nach Auswertung der Radarbilder ereignete sich der Verdachtsfall zwischen 17.45 und 18.15 MESZ . Zu diesem Zeitpunkt zog eine gut ausgeprägte Squall line über das Südburgenland hinweg. Ich befand mich zu diesem Zeitpunkt bei Bernstein im Mittelburgenland, wo die Shelf Cloud ebenfalls sehr schön ausgeprägt war. Zudem konnte man mächtige Turbulenz (nicht Rotation!) an der Vorderkante des Gewitters wahrnehmen, die Fracten tanzten auf und ab, nichts ungewöhnliches bei einer Gewitterlinie. Gemäß den Radarbildern gab es eine Multizellenlinie ohne diskrete Einzelzelle, damit fällt eine Superzelle bzw. Mesozyklone praktisch flach.
Weiters passt der Ort der vermuteten Funnelsichtung nicht zu einem Superzellentornado, da sich dieser üblicherweise näher Richtung Abwindbasis/Wall cloud befindet, und nicht direkt an der Shelf Cloud.
Der starke Outflow (Sturmböen?) lässt einen Typ-II-Tornado ebenso unwahrscheinlich werden. Die Shelf Cloud bewegte sich ja mit gewissem Tempo ostnordostwärts, somit fällt die Wakimoto & Wilson-Tornadogenese durch vortex stretching ebenso flach. Natürlich gibt es immer noch Hybridtornados wie in Müllendorf, allerdings war in den dortigen Videos die Rotation wesentlich besser sichtbar bzw. überhaupt sichtbar.
Fazit: In meinen Augen kein Tornado, zumal Herr Pross selbst zugibt, dass nur der obere Teil rotiert hätte, nicht aber das Ende des Fractus (falls das überhaupt so möglich ist). Einen T0-Tornado wird sich außerdem nicht verifizieren lassen, da es sich um subkritische Schäden handelt, die auch mit den geradlinigen Winden an der Shelf Cloud erklärbar sind.
Da es hier um die Aufklärung im Sinne der wissenschaftlichen Dokumentation geht, und nicht um das Konkurrenzdenken zwei Stormchaser-Vereine, wünsche ich mir eine kritische Diskussion, auch was den Umgang mit der Öffentlichkeit betrifft.
Vielen Dank fürs Zuhören.
MfG Felix Welzenbach (Dipl.-Meteorologe)
PS: Sollte es ein besser aufgelöstes Video geben, so bitte ich darum, im Interesse der Wissenschaft, dies jedermann öffentlich zugänglich zu machen und nicht an ein Facebook-Konto zu knüpfen. Wenn der Fall so eindeutig ist wie hier dargestellt, dürfte das kein Problem sein. -