Um Superzellen richtig vorherzusagen muss die Großwetterlage sowie die anschließende Feinabstimmung einer Lage genau analysiert und verfolgt werden. Entscheidend für die Entstehung von Superzellen sind Wetterlagen wo mehrer wichtige Faktoren überlappen:
Instabilität
Feuchte
Windscherung
Trigger
Nicht ohne Grund zählen Superzellen zu den seltensten Gewitterzellen. Da alle wichtigen Faktoren nur selten überlappen, sind nur knapp 10% aller Gewitterzellen weltweit Superzellen!
Abbildung ?: Klassische Großwetterlage für mögliche Superzellen in Mitteleuropa
Bei den atmosphärischen Voraussetzungen ist zu beachten, dass sich Instabilität und Windscherung auch gegenseitig ergänzen können; d.h zu wenig CAPE kann durch hohe Scherung ausgeglichen werden und umgekehrt. Dieser Kompensationseffekt existiert, da sich die mögliche Rotation eines Aufwinds aus dem Produkt von Scherung und CAPE ergibt.
6.1 Wenig Windscherung - Hohe CAPE Atmosphäre
In Österreich ist es oft der Fall, dass Superzellen in einer atmosphärischen Umgebung enstehen, welche sich durch hohe CAPE aber nur mäßige Scherungswerte auszeichnet. Im Zusammenspiel mit der Orographie kommt hier der oben bereits genannte Kompensationseffekt zum Einsatz.
- Bei sehr hohen CAPE Werten erzeugt der Aufwind durch hohe Geschwindigkeiten (√ aus CAPE = max. Aufwindgeschw.) starke horizontale Konvergenzen, welche ausreichend vertikale Verwirbelungen erzeugen und im weiteren Verlauf die Bildung einer Mesozyklone ermöglichen.
- Im Bergland führen lokale Strömungen + oft konvergentes Verhalten ausgelöst durch "Alpines Pumping" zu zusätzlicher Dynamik, welche im weiteren Verlauf wieder zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für rotierenden Aufwinde führt.
6.2 Hohe Windscherung - Wenig CAPE Atmosphäre
Fehlende CAPE kann bei der Superzellenbildung durch hohe Scherungswerte ausgeglichen werden, da sich die Stärke eines Aufwinds nicht nur durch reine vertikale Geschwindigkeit (√ aus CAPE = max. Aufwindgeschw.) ergibt, sondern auch die Rotation eine entscheidende Rolle spielt.
Beginnt ein Aufwind zu rotieren steigen die Geschwindigkeiten/Druckgradienten lokal stark an (Zentripetal-/Zentrifugalkraft) und verstärken somit den Aufwind. Daraus lässt sich schließen, dass nur so viel CAPE vorhanden sein muss das sich ein hochreichender Aufwind bilden kann. Die Windscherung und die damit verbundenen Verwirbelungen ermöglichen somit die Kompensation von niedrigen CAPE Werten.
Der 05.07.2017 ist ein Paradebeispiel dafür, wie in Österreich trotz mäßiger Scherungswerte und ohne wirkliche Frontendynamik Superzellen bervorzugt über dem Bergland entstehen können.
Abbildung : Satellitenbild mit Analyse des 05. Juli 2017
Die Analyse des 5. Juli 2017 ist eigentlich recht simple. Tiefdruck nahe der iberischen Halbinsel verfrachtet an seiner Vorderseite warm/heiße Luftmassen gegen West & Mitteleuropa und stärkt somit auch den vorliegenden Keil über Westeuropa.("Spanish Plume") Im Osten Europas drückt ein Trog kühlere Luftmassen gegen Süden und nahe der entstehenden Luftmassengrenze bzw. dem Übergangsbereich liegt Österreich. Das besondere an dieser Anordnung ist, dass einerseits labil geschichtete Luftmassen nach Österreich verfrachtet werden und andererseits im Übergangsbereich der Luftmassen der Jet in höheren Schicht darüberliegt. Das 12z Wien - Sounding des 5.Juli zeigt das für höher organisierte Konvektion ausreichende Windprofil.
Abbildung : Sounding Wien am 05. Juli 2017
Eine konstante Geschwindigkeitszunahme mit der Höhe ist gegeben. Von 5 bis max. 10 Knoten in unteren Schichten steigt die Windgeschwindigkeit in 500 hPa bis auf 25 -30 Knoten und in 400 hPa sind es bereits 35 Knoten. Somit ergibt sich eine 0-6 km DLS von ~ 15 m/s. Auch eine Änderung der Windrichtung mit der Höhe ist gegeben, weil im Bereich der labilen Luftmassen der Wind am Boden aus Süd wehte.
Im Zusammenspiel mit ~1500 MU CAPE südlich der Alpen und einer Windkonvergenz im Übergangsbereich der Luftmassen waren alle Zutaten vorhanden:
- hohe CAPE - Werte - ausreichend Windscherung - ein Trigger (Konvergenz) - ein Deckel für die Luftmassen (Warmluftadvektion)
Im Zusammenspiel mit lokalen Konvergenzen/Winden über dem Bergland kamen die SZ´s dann auch. Mehr zum Chasing hier.
Abbildung : Radarbilder vom 05. Juli 2017 - Wechselgebiet/Alpensüdseite